Heute vor genau 80 Jahren – am 8. Mai 1945 – endete offiziell der Zweite Weltkrieg. Ein Datum, das den meisten Menschen ein Begriff ist und das sehr stark im kollektiven Gedächtnis verankert ist. In Mainz endete der Krieg jedoch bereits am 22. März 1945. In den frühen Morgenstunden fuhren die ersten amerikanischen Panzer in das Stadtgebiet von Mainz.
Viele Menschen empfanden diesen Moment als Befreiung, sowohl von der NS-Herrschaft als auch von den anhaltenden Luftangriffen auf die Stadt. So blieb gerade der 27. Februar 1945 in Erinnerung, da an diesem Tag in nur wenigen Minuten durch alliierte Bomber der Großteil der Mainzer Innenstadt zerstört wurde; Tausende Menschen starben. Die Nächte in Luftschutzkellern geprägt von Angst hatten das Leben der Menschen in den letzten Kriegsmonaten bestimmt. Auch wenn eine ungewisse Zukunft unter alliierter Besatzung vor ihnen lag, überwog doch die Erleichterung über das Ende des Zweiten Weltkriegs.
Das Kriegsende und die Frage, wie die Menschen diese Momente wahrnahmen, sind sehr komplex und in ihrer Vielschichtigkeit in kurzen Worten kaum zu erfassen. Richard von Weizsäcker machte dies bereits 1985 in einer vielbeachteten Rede deutlich, in dem er sagte: „Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Aber wir dürfen nicht im Ende des Krieges die Ursache für Flucht, Vertreibung und Unfreiheit sehen. Sie liegt vielmehr in seinem Anfang und im Beginn jener Gewaltherrschaft, die zum Krieg führte.“
Es gab jedoch auch diejenigen Menschen, die das Ende des Zweiten Weltkrieges mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht als Niederlage empfanden; einige halten bis heute an diesem Bild fest. Auch wenn große Teile der deutschen Gesellschaft das menschenverachtende, rassistische Regime der Nationalsozialisten gestützt, oder zumindest mitgetragen haben, sich an Ausgrenzung und Verfolgung beteiligten, oder eben weggesehen und die Augen vor dem herrschenden Terror verschlossen haben, so gab es auch diejenigen, die unter den Folgen des Systems, dessen Teil sie zuvor waren, leiden mussten.
In Mainz standen die Menschen nach dem 22. März 1945 vor den Trümmern einer Stadt, die es wiederaufzubauen galt: sowohl rein physisch in Form von Gebäuden und Straßen, als auch gesellschaftlich. Die Amerikaner begannen umgehend mit dem Aufbau einer Militärverwaltung. Gerade für die Versorgung der Bevölkerung brauchten sie neben Offizieren und Soldaten aus ihren Reihen auch örtliche deutsche Mitarbeiter. So wurde Dr. Rudolph Walther als Oberbürgermeister der Stadt eingesetzt und mit politisch unbelasteten Mitarbeitern besetzte man die wichtigsten städtischen Dienststellen. Polizei, Presse, Kultur, alle Bereiche galt es wieder aufzubauen.
Am 9. Juli 1945 übergaben die Amerikaner schließlich Mainz und Rheinhessen an die Franzosen: Der Rhein wurde neue Grenze zwischen den beiden Besatzungsmächten. Es begann die Zeit des sogenannten Neuanfangs.
Heute möchten wir aber vor allem an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern. Bis heute bleibt es wichtig, immer wieder auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Errichtung der NS-Diktatur und dem von Deutschland in den europäischen Nachbarländern begonnenen und dann nach Deutschland zurückkehrenden Krieg hinzuweisen.
Wir tun dies unter anderem, indem wir hier auf eine gemeinsam vom Verein für Sozialgeschichte Mainz e.V. und dem Stadtarchiv Mainz im Auftrag der Stadt Mainz herausgegebene Publikation hinweisen und daraus das Herausgeber-Vorwort und den Text des renommierten Jenaer Zeithistorikers Prof. Dr. Norbert Frei zur Verfügung stellen.
Berkessel, Hans (Hrsg. im Auftrag der Stadt Mainz, des Vereins für Sozialgeschichte Mainz e.V. und des Stadtarchivs Mainz): „Die Gegenwart der Vergangenheit“ – Dokumentation anlässlich des 60. Jahrestages der Zerstörung der Stadt Mainz und des Endes des Zweiten Weltkrieges: 27. Februar 2005 – 27. Februar 1945, Mainz 2005, 82 Seiten, ISBN: 1435-8026, Sonderpreis: 5,00 €.
Das Heft kann unter kontakt@sozialgeschichte-mainz.de bestellt oder über den Buchhandel bezogen werden.
Hier gelangen Sie zur Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier anlässlich des 80. Jahrestages des Kriegsendes am 8. Mai 1945.