Philipp Jakob Siebenpfeiffer

12. November 1789–14. Mai 1845

Jurist, Journalist, Mitorganisator und Hauptredner auf dem Hambacher Fest

Gemälde von Helmut Collmann


Bereits in jungen Jahren wurde Philipp Jakob Siebenpfeiffer zur Vollwaise. Er wuchs bei seiner Tante auf und seine Schulausbildung wurde von einem Onkel finanziert. Ab 1804 besuchte er das Pädagogium in Lahr, wo seine sprachliche Begabung insbesondere im Lateinischen und Französischen zu Tage trat. Ebenso talentiert zeigte er sich im Bereich der Rechtswissenschaften; hier promovierte er 1813. In den folgenden Jahren arbeitete er für verschiedene administrative staatliche Stellen im damals noch in viele Nationalstaaten unterteilten Deutschland.

Aufgrund eines Artikels, den er in seiner eigenen seit 1830 erscheinenden Zeitschrift Rheinbayern veröffentlichte und in dem er sich für grundlegende demokratische Werte wie Pressefreiheit, staatliche Gewaltenteilung und Gleichheit vor dem Gesetzt aussprach, war abzusehen, dass nicht nur seine berufliche Laufbahn im Staatsdienst gefährdet war.
In der Beamtenhierarchie bereits wegen seiner politischen Schriften degradiert, wurde er infolge des Hambacher Festes von 1832 verhaftet. Siebenpfeiffer war einer der Mitorganisatoren dieses Festes und trat dort als Hauptredner auf. Das Hambacher Fest war mit 20.000 bis 30.000 Teilnehmer*innen die bis dahin größte politische Versammlung in Deutschland, auf der liberale, nationale und demokratische Forderungen laut wurden.
Aufgrund dieser Beteiligung wurde er nach seiner Inhaftierung angeklagt und im November des Jahres 1833 vom Zuchtpolizeigericht in Frankenthal zu zwei Jahren Haft verurteilt, nachdem ihn zunächst im August 1833 das Assisengericht in Landau gegen den Vorwurf der Anstiftung zum Umsturz freigesprochen hatte. Mit der Hilfe von Freunden gelang ihm am 14. November 1833 die Flucht über das Elsass in die Schweiz. Hier gewährte man ihm nicht nur Asyl, sondern er erhielt auch eine Anstellung an der Berner Universität. Dort dozierte er als außerordentlicher Professor über Straf- und Staatsrecht. Nachdem sich ab 1841 Anzeichen einer Geisteskrankheit bei ihm bemerkbar machten und er in die Heil- und Pflegeanstalt Bümpliz eingewiesen werden musste, verstarb er dort im Jahr 1845 im Alter von 55 Jahren.

Siebenpfeiffer ist bis heute eines der zentralen Gesichter des Hambacher Festes und somit Sinnbild für den bürgerlichen Kampf für nationale Einheit, Freiheit und Volkssouveränität. Eines seiner bekannten Zitate stammt aus seiner Rede auf dem Hambacher Fest:
„Ich halte die Repräsentativ-Republik für die einzige Staatsform, die einem größeren Volk, das seine Würde fühlt, geziemt, für die einzige, die heute möglich. […] Ich will, dass keine Partei die andere, nicht die Minderzahl die Mehrzahl, nicht einmal die Mehrheit die Minderzahl unterdrücke; ich will, dass die Gesamtheit herrsche.“


Vormärz

„Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“. Das waren die Ziele der Bewegung des Vormärzes. Diese Epoche der deutschen Geschichte erstreckte sich von der Befreiung Europas nach der napoleonischen Herrschaft 1815 bis zur Märzrevolution 1848. Zu dieser Zeit existierte Deutschland noch nicht als eigenes Land, sondern nur als loser Staatenbund („deutscher Bund“) unter der Führung Österreichs. Dieser Bund, der auf dem Wiener Kongress 1815 gegründet wurde, hatte jedoch außer der Bundesversammlung, die aus Gesandten der 35 souveränen Mitglieder bestand, keine Organe oder Institutionen. Viele Deutsche waren jedoch enttäuscht, da nach dem gemeinsamen Sieg der deutschen Staaten gegen Napoleon eine patriotische Stimmung in Teilen der Gesellschaft herrschte, die ein vereintes Deutschland anstrebten. Außerdem gab es viele liberale Stimmen, die sich einen demokratischen Staat mit gleichen Rechten für alle Bürger wünschten.

Besonders bekannt für diese Bewegung sind zwei Feste, die vor allem von deutschen Studenten veranstaltet wurden. Zum einen wurde am 18. Oktober 1817 das Wartburgfest gefeiert. Dies war am 4. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig, in der deutsche Soldaten verschiedener Staaten, die erst für Napoleon gegen andere Deutsche kämpften, zu ihren deutschen Brüdern überliefen, um gemeinsam gegen die französischen Besetzer zu kämpfen. Diese Schlacht gilt als wichtiges Ereignis des deutschen Gründungsmythos. Auf dem Fest wurden Bücher und Symbole der konservativen Regime verbrannt. Als Reaktion auf die Proteste folgten 1819 die „Karlsbader Beschlüsse“, die ein Mittel zur Einschränkung der liberalen Ideen sein sollten. Nun wurden Universitäten überwacht und Lehrkräfte entlassen. Das traf die Bewegung, da sie vor allem in den Universitäten, sowie Vereinen und Landtagen stattfand. Aufhalten konnten die Beschlüsse die Bewegung jedoch nicht.

Das zweite große Fest des Vormärzes war das Hambacher Fest 1832. Während beim Wartburgfest nur ca. 500 Menschen anwesend waren, gab es in Hambach bis zu 30.000 Feiernde. Wie der Name schon sagt, fand das Fest auf der Hambacher Schlossruine statt. Zu dem Fest aufgerufen wurde unter anderem von Phillip Jakob Siebenpfeiffer (1789–1845), der einen Presseverein gegründet hatte und viele Einladungen drucken konnte. Besonders zu erwähnen ist, dass nicht nur Männer eingeladen waren, sondern auch Frauen aufgerufen wurden teilzunehmen. Die Teilnehmer*innen kamen vor allem aus der Region um Hambach, also der Pfalz. Es gab aber auch einige Besucher*innen, die aus Kiel, Flensburg oder München anreisten. Auf dem Fest waren bei Flaggen auch die heutigen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold zu sehen und es wurden Reden über den Traum eines vereinten freien Deutschlands gehalten. Einer der Redner war Siebenpfeiffer selbst. Das Hambacher Fest war also die größte Veranstaltung, bei der demokratische Forderungen von einer breiten Öffentlichkeit gefordert wurden. Als Reaktion auf das Hambacher Fest wurden die Zensuren weiter verschärft und die Organisatoren, darunter auch Siebenpfeiffer, verhaftet. Heute gilt das Hambacher Fest als „Wiege der deutschen Demokratie“.

Wichtig ist jedoch anzumerken, dass die Bewegung des Vormärzes vor allem in universitären Kreisen stattfand und nicht von der breiten Bevölkerung mitgetragen wurde. Diese nämlich interessierte sich in einer wirtschaftlich schweren Zeit statt für Politik eher dafür, wie der tägliche Lebensunterhalt gesichert werden konnte. Die Epoche des Vormärzes endete schließlich 1848 mit der Märzrevolution, die auf bürgerlicher Seite weiterhin nach französischem Vorbild nach „Einigkeit und Recht und Freiheit“ strebte und auf bäuerlicher und handwerklicher Seite um Agrarreformen und gewerblichen Schutz kämpfte.



Literaturhinweise:

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Scriba, Arnulf: Die Karlsbader Beschlüsse 1819, in: Lebendiges Museum Online, <URL: https://www.dhm.de/lemo/kapitel/vormaerz-und-revolution/der-deutsche-bund/karlsbader-beschluesse-1819.html > [aufgerufen am 03.03.2022].

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