Am 7. Mai fand die zweite Veranstaltung in unserer Reihe der Demokratiewochen im Landtag Rheinland-Pfalz statt. Hierbei ging es um die Buchvorstellung von „Erinnerungsorte zur Geschichte der Demokratie. Auf den Spuren der Demokratiebewegung in Rheinhessen und der Pfalz (1789–1849)“. Der Abend begann mit einer Begrüßung durch den Präsidenten des Landtages Rheinland-Pfalz Hendrik Hering und einem Grußwort für die Herausgeber von Bernhard Kukatzki, dem Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz. Anschließend präsentierte der Autor Thomas Handrich sein neues Buch vor, in dem er 29 ausgewählte rheinhessische und pfälzische Orte zur Erinnerung an die frühe Geschichte der Demokratie vorstellt und kritisch hinterfragt, wie es genau an diesen Orten zu den besonderen Momenten der Demokratie kam. Denn dort, im regionalen Raum, spielte sich zwischen 1789 und 1849 die große Geschichte von Aufständen, Revolutionen und Gegenrevolutionen ab. Nach einer regionalhistorischen und demokratiegeschichtlichen Einführung werden die unterschiedlichen Orte nicht nur anhand materieller Spuren wie Gedenksteinen und -tafeln, sondern auch die dort handelnden Personen vorgestellt, die in der Region Demokratiegeschichte schrieben. Dr. Maria Lucia Weigel, Leiterin des Erkenbertmuseums in Frankenthal, ergänzte die Buchvorstellung des Autors Thomas Handrich durch das Verlesen exemplarischer Zitate der historischen Persönlichkeiten und nahm die Teilnehmenden so mit auf eine Zeitreise in die Zeit der frühen Demokratiegeschichte
Dr. Kai-Michael Sprenger, Direktor der Bundesstiftung Orte der Demokratiegeschichte, der aufgrund seiner Tätigkeit ein absoluter Experte in diesem Themenbereich ist, stellte in seiner Ansprache verschiedene Arten des Erinnerns an die frühe Demokratiegeschichte etwas genauer vor. Das Schlusswort hielt die Verlegerin Dr. Annette Nünnerich-Asmus. Der ganze Abend wurde musikalisch von Volker Gallé begleitet, der Lieder aus der Zeit des Vormärz‘ und der Revolution 1848/49 sang. Der Abend endete für die etwa 90 Teilnehmenden mit einem Empfang in der Lobby des Landtags und der Gelegenheit, sich in einzelne Gespräche zu vertiefen.
Unser Vorstandsvorsitzender und Mitherausgeber dieses Buches, Hans Berkessel, hat eine ausführliche Buchbesprechung vorbereitet:
Thomas Handrich: Erinnerungsorte zur Geschichte der Demokratie. Auf den Spuren der Demokratiebewegung in Rheinhessen und der Pfalz (1789–1849)
In Deutschland zeichnet sich schon länger eine positive Rückbesinnung auf die von der Französischen Revolution angestoßenen frühen Emanzipations- und Freiheitsbewegungen ab. Gewöhnlich verbinden wir diese mit den Bewegungen von 1848/49, der Weimarer Verfassung und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Regionalhistorisch finden jedoch frühe Demokratieversuche wie die Bergzaberner und die Mainzer Republik von 1792/93 als direkte Folgeerscheinungen der Französischen Revolution seit einiger Zeit deutlich mehr Beachtung. Auch das Hambacher Fest (1832) mit seinen ca. 20.000 bis 30.000 Teilnehmer*innen, die seinerzeit größte Manifestation des demokratischen Aufbruchs im Vormärz, wird inzwischen stärker in seiner Bedeutung für die europäische Entwicklung gesehen. So war es kein Zufall, dass das Hambacher Fest in einer Region stattfand, die von der Nähe und Zugehörigkeit der Region zum revolutionären Frankreich geprägt war. Und ebenso wenig zufällig war, dass der revolutionäre Aufbruch vom März 1848 und die folgenden Ereignisse besonders ausgeprägt im gesamten ehemals französischen Rheinland stattgefunden haben. Dabei spielen bisher vernachlässigte Aspekte wie etwa die Rolle der ländlichen Bevölkerung, der Frauen und progressiver sozialer Bewegungen ebenso wie biografische Bezüge und Familientraditionen eine zunehmend wichtigere Rolle.
Im dritten Band der Reihe „Beiträge zur Demokratiegeschichte in Rheinland-Pfalz“ werden 29 ausgewählte rheinhessische und pfälzische Erinnerungsorte von Alzey bis Zweibrücken zur frühen Geschichte der Demokratie vorgestellt: Hier spielte sich zwischen 1789 und 1849 die große Geschichte von Aufständen, Revolutionen und Gegenrevolutionen im regionalen Raum ab. Bei seiner Spurensuche fragt der Autor Thomas Handrich, was damals viele Bewohner*innen der Dörfer und Städte dazu bewegte, jahrhundertealte Abhängigkeiten von weltlichen und geistlichen Obrigkeiten infrage zu stellen. Wie kam es, dass jetzt Forderungen nach Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung aufkamen und teilweise auch gleich in die Tat umgesetzt wurden?
Nach einer regionalhistorischen und demokratiegeschichtlichen Einführung werden in den ausgewählten Orten nicht nur materielle Spuren wie Gedenksteine und -tafeln, schriftliche Zeugnisse, sondern auch die handelnden Personen vorgestellt, die vor Ort Demokratiegeschichte schrieben. Dabei werden auch familiäre Traditionen sichtbar, die von der Französischen Revolution, der Mainzer und Bergzaberner Republik über das Hambacher Fest bis zur Revolution von 1848/49 reichen.
In den Beispielen guter Vermittlungspraxis von Theateraufführungen, über Rundgänge bis hin zu Erzählungen und Liedern werden Interessierte vor Ort zugleich motiviert, sich selbst auf die Spurensuche nach den demokratischen Wurzeln zu machen oder zu deren Bewusstmachung oder Vermittlung beizutragen. Gerade bei der Arbeit mit jungen Menschen, insbesondere auch im schulischen Kontext, können diese Beispiele zu eigenen Spurensuche-Projekten motivieren und helfen, die lokale Geschichte unter dem Aspekt der Demokratiegeschichte neu zu entdecken.

Thomas Handrich: Erinnerungsorte zur Geschichte der Demokratie. Auf den Spuren der Demokratiebewegung in Rheinhessen und der Pfalz (1789–1849), Bd. 3 der Beiträge zur Demokratiegeschichte in Rheinland-Pfalz, hrsg. von Hans Berkessel, Bernhard Kukatzki, Walter Rummel u. Kai-Michael Sprenger im Auftrag der LpB und des HdE, 384 S. m. 146 Abb., geb. 32,00 €, Nünnerich-Asmus-Verlag, Oppenheim am Rhein (ISBN: 978-3-96176-252-1)