Vereinnahmung des Feminismusbegriffs von rechts? Antifeminismus in aktuellen rechten Mobilisierungen

Von Cornelia Dold

Ein Vortrag von Juliane Lang, Philipps-Universität Marburg und Forschungsnetzwerk Frauen und Rechtsextremismus

Nach der Begrüßung durch Cornelia Dold, Leiterin des Hauses des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz, stellte Sarah Bast vom Frauenzentrum Mainz die Referentin Juliane Lang vor und führte zum Thema des Vortrags hin. Juliane Lang legte anschließend den Fokus auf die Analyse des Feminismusbegriffs in aktuellen, rechten Mobilisierungen, wobei der Schwerpunkt auf der Partei „Alternative für Deutschland“ lag. 

Dabei machte sie zunächst einmal deutlich, dass Frauen in der ersten Reihe von neuen rechten Parteien kein Indiz dafür seien, dass eine solche Partei keine frauen- oder queerfeindliche (Familien-)politik betreiben könne. Parteien wie die AfD grenzen feminin und feministisch voneinander ab, wobei feministisch als Bedrohung für die klassische Rollenverteilung gesehen werde. Die Referentin spielte ein Video ab, das die Bundestagsabgeordnete Nicole Höchst (AfD) bei einer Rede am 1. März 2018 anlässlich 100 Jahren Frauenwahlrecht zeigt. In ihrer Rede nannte Nicole Höchst die momentane Politik als frauenfeindlich. Durch „Gleichstellungstotalitarismus“ zwänge man Frauen heute in die Erwerbstätigkeit. Eine strukturelle Benachteiligung von Frauen gibt es in ihren Augen nicht, Gleichstellungsbeauftragte würden vielmehr zu einer systematischen Männerbenachteiligung führen. Hier wird mehr als deutlich, dass feministische Politiken von der AfD als Gefahr für die traditionelle Rollenverteilung angesehen werden. 

Familie werde in den Reihen der AfD ganz klar als eine Einheit aus Mutter, Vater und Kindern gesehen, Darstellungen von Familien zeigen stets heterosexuelle Paare. Die sogenannte „Ehe für alle“ sollte laut AfD annulliert und verboten werden. Dass sich diese Politik mit einer antimuslimischen Politik verzahnt, machte Juliane Lang durch Zitate und Wahlplakate der AfD deutlich. 
In diesem Fall spricht man auch von Care Rassismus, der die „Sorge um das Eigene“ umfasst. Diese Art des Rassismus´ wird als vermeintlich friedfertig dargestellt. Es findet eine Abgrenzung zu „Anderen“ statt, wer dazu gehört, bestimmt dabei aber stets die „Wir“-Gruppe. Mittels dieses Care Rassismus´ versuchen Parteien wie die AfD, Rechte zu mobilisieren. Beispielhaft wies Juliane Lang auf die „besorgte Mutter“ Jenny Sommerfeld hin, die ihre Hochzeit bewusst auf den 20. April legte und bei Kundgebungen unter anderem gegen Journalisten hetzt. 

Diese Art des Rassismus´ werde, so Juliane Lang, meist mit einem Femonationalismus verzahnt, bei dem eine feministische Politik mit der „Angst vor dem Fremden“ verbunden und für rassistische Argumentationen genutzt wird. Hier werde bewusst ein Bild von „fremden Triebtätern“ gezeichnet, denen gegenüber, die deutschen Frauen als kollektive Opfer stehen. 

Juliane Lang erläuterte in ihrem Vortrag das Phänomen des Auftretens von Kronzeug*innen. Dafür griff sie auf die Person Leyla Bilge zurück. Leyla Bilge, in der Türkei geboren, kurdischstämmig und einst Muslima, ist heute AfD-Parteimitglied, sie tritt auf Kundgebungen auf und organisiert „Frauenmärsche“. Der Gedanke hinter dem Auftreten von Kronzeug*innen ist folgender: Eine Partei, die eine ehemalige Muslima auftreten lässt, kann nicht rassistisch sein. So bediene sich die AfD gleich mehrerer Personen: queere Referent*innen oder ein homosexueller Imam, der als Redner auftritt. Die extreme Rechte liefere so ein Sprachrohr für bislang nicht sagbare Ansichten. Menschen, die sich bisher vielleicht nicht getraut haben, ihre rechten Gedanken zu äußern, scheinen dies nach Äußerungen und Veröffentlichungen von Thilo Sarrazin nun zu tun; dies zeige unter anderem der Anstieg rechter Einstellungen in den Mitte-Studien. 

Kampagnen wie #120db seien ein neuer Versuch, die Deutungshoheit über den Begriff Feminismus sowie über feministische Politik zu bekommen. Die Herausforderung für politische Antworten auf rechte Politiken sei, so Juliane Lang, sich für Feminismen einzusetzen. Es gebe nicht nur den einen Feminismus und man müsse überdenken, wofür der Begriff stehe und wie man ihn von links besetzen könne.

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