„Vom Raub zur Restitution“. Mainzer Fallbeispiele zur Nachkriegsgeschichte der NS-Verfolgung

Singleview: Haus des Erinnerns (Nachberichte)

Von Jasmin Gröninger

© GDKE – Landesmuseum Mainz (Foto: Ursula Rudischer)
© GDKE – Landesmuseum Mainz
(Foto: Ursula Rudischer)

Dr. Emily Löffler stellte am 7. Februar in ihrem Vortrag “Vom Raub zur Restitution”. Mainzer Fallbeispiele zur Nachkriegsgeschichte der NS-Verfolgung vor.

Die Provenienzforscherin arbeitete an dem dreijährigen Forschungsprojekt des Landesmuseums Mainz. Sie erforschte, ausgehend von Eintragungen, die auf den Rückseiten von Gemälden gefunden wurden, anhand von Etiketten, Listen und Nummerierungen, ob sich die Objekte in der Verwaltung der regionalen Finanzämter befunden hatten und wie diese in den Bestand des Museums gelangten. Am Beispiel von Mainzer Familien verdeutlichte sie die Schwierigkeiten, die Objekte bis zu ihren ursprünglichen Besitzerinnen und Besitzern zurückzuverfolgen. Das Landesmuseum Mainz stellte sich mit diesem Projekt einem wichtigen, aber auch schwierigen Kapitel seiner eigenen Institutionsgeschichte. Zwischen 1941 und 1943 erhielt das heutige Landesmuseum von der Reichsfinanzverwaltung 60 Gemälde, mehrere Grafik-Konvolute und 10 Möbelstücke. Diese waren in der NS-Zeit Teil Beschlagnahmung von “jüdischem Vermögen”. Die Reichsfinanzverwaltung versah die Besitztümer mit einer Nummer und machte es damit nahezu unmöglich, die Namen der eigentlichen Besitzer zu rekonstruieren. Bei der Übergabe an das Museum wurden diese Bestände mit einer sogenannten “J-Nummer” versehen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Objekte im Museum verwahrt, schilderte Löffler. Die Bestände galten zwar als Sonderbestand, ein Versuch der Restitution wurde jedoch nicht gemacht. Die Geschädigten selbst und ihre Nachfahren mussten aufwändige Entschädigungs- oder Wiedergutmachungsanträge stellen, um – nur im Ausnahmefall erfolgreich – ihre Besitztümer wieder zu erlangen. Doch wie kommt man an seinen Besitz, der auf verschiedene Museen und Privateigentümer verteilt wurde, wenn die Registrierungslisten angeblich verbrannt waren? – Nur in einem Fall wurde einer Familie in Mainz der Besitz zurückgeben. Der Vortragssaal im Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz war an diesem Abend von einem sehr interessierten Publikum gut besucht. Die rund fünfzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer scheuten sich nach dem Vortrag nicht, weitere Fragen zu Frau Dr. Löfflers “Dedektivarbeit” zu stellen und unter der Moderation von Dr. Frank Teske vom Mainzer Stadtarchiv (stv. Vorsitzender des Stiftungsrats der Stiftung “Haus des Erinnerns – für Demokratie und Akzeptanz Mainz) lebhaft zu diskutieren. Weitere Informationen zur Provenienzforschung gibt es schon bald im Landesmuseum Mainz, das als Kooperationspartner die Veranstaltung mit organisiert hatte:

Am 17. Februar wird die Sonderausstellung „’Betrifft: Erwerb aus jüdischem Besitz.’ Provenienzforschung am Landesmuseum Mainz“ eröffnet.

Ausstellungszeit: Sonntag, 17. Februar 2019 bis Sonntag, 28. April 2019
Veranstaltungsort: Landesmuseum Mainz, Große Bleiche 49-51, Mainz
Einen Bericht zur Ausstellung finden Sie hier.

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